Fundsache − Göthegeld von Artern
Im Verlauf des ersten Weltkrieges (1914-1918) erschöpften sich viele vor allem metallische Ressourcen in zunehmendem Maße. Davon betroffen waren auch Münzen. Eine der Folgen war eine noch heute in unserem Gedächtnis verbliebene Geld-Inflation um 1920.
Zur Minderung der auftretenden Probleme ergriffen Kommunen, jedoch auch Betriebe und Banken Selbsthilfemaßnahmen und gaben eigenes sog. Notgeld heraus. Die Scheine konnten u. a. im Rathaus gekauft werden und galten in der Regel nur am Ausgabeort. Die Scheine wurden von ortsansässigen Künstlern gestaltet und stellen heute wichtige Zeugen unserer Geschichte dar.
Die Sondershäuser Notgeldscheine im Wert von 50 Pfennigen (SHE hat sie bereits früher vorgestellt) wurden vom Maler Ferdinand Menge (1876-1962) im Jahre 1921 gestaltet. Sie waren dem Musikleben der Musikstadt Sondershausen gewidmet und zeigten große Musiker im Porträt, wie z.B. den Chef des Loh-Orchesters Carl Corbach.
Auch in der Goethe-Stadt Artern wurde nach früheren Anläufen im Jahre 1921 eine Serie von sechs Notgeldscheinen zu 50 Pf. herausgegeben.
Mit ihrer Gestaltung wurde der Arterner Schriftsteller, Maler und Heimatkundler Ewald Ludwig Engelhardt (1879-1976) beauftragt. Er war ein glühender Goethe-Verehrer. So nimmt es nicht wunder, dass er auf der Vorderseite neben dem Porträt Goethes einen Text zum Gedächtnis der Goethe-Ahnen in Artern Zeichnungen des Goethe-Ahnenhauses sowie des Gasthauses und Hotels „Zur Krone“ anbrachte.
Das Goethehaus steht auch gegenwärtig noch und trägt eine Tafel mit der Inschrift:
Goetheahnen beschlugen derzeit hier Pferden die Hufe
während ihr Nachfahr durchs All prächtig das Flügelroß ritt.
Hier wohnte in 17 Jahren Hufschmiedemeister und Ratsherr Hans Christian Göthe
der Urgroßvater des großen Dichters.
Der Urgroßvater Goethes, der Ratsherr und Hufschmied Johann Christian Göthe (1633-1694) soll im zweiten abgebildeten Haus, dem Hotel „Zur Krone“ regelmäßig verkehrt und gezecht haben. Das ca. 400 Jahre alte Gasthaus wurde um 1968 abgerissen. Dabei verschwand auch die an diesem Haus angebrachte Tafel. Sie soll die Inschrift getragen haben:
Hier in der Krone altem Haus,
da spannte einstmals gerne aus
der Herr Geheimrat Goethe.
Noch früher zechte sein Urahn
der Hufschmied Johann Christian
hier bis zur Morgenröthe.
Johann Wolfgang von Goethe soll um 1811 auf dem Weg nach dem nahen Kalbsrieth „mindestens“ dreimal in der „Krone“ abgestiegen sein.
Auf der Rückseite der Notgeldscheine (Vorderseite gleich) zeichnete Engelhardt sechs Szenen aus Goethes Epos „Herrmann und Dorothea“ nach Vorlagen des Münchener akademischen Malers Prof. Arthur von Ramberg (1819-1875). Engelhardt vertrat den „mit allem Nachdruck und Lokalpatriotismus“ behaupteten Standpunkt, daß Hermann aus Goethes Versepos aus Artern stammte. Dies konnte bis heute jedoch nicht bewiesen werden. Auch andere Städte behaupten dieses. Jedoch in Artern gab es allerdings ebenfalls ein Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“, aus dem Hermann stammen sollte.
Ewald Ludwig Engelhardt hatte Kunst (Malerei) studiert, betätigte sich in diesem Metier, erbrachte jedoch umfangreiche Leistungen als Schriftsteller und Heimatforscher. Er hinterließ ein weitgefächertes Schrifttumswerk. Er hatte Artern nie verlassen.
Er besaß einen jüngeren Bruder Otto Engelhardt–Kyffhäuser (1894-1965), der sich als Maler auch in anderen Orten niedergelassen hatte (in Göttingen verstorben). Beide stammten aus der bereits im 17. Jh. in Artern nachweisbaren Kaufmannsfamilie Engelhardt.
H. K.