Faszination Friedhof


Was ein Denkmal berichten kann

Friedhöfe sind wie örtliche Geschichtsbücher, ständig zugänglich.

Das Sondershäuser Heimatecho hat bereits des Öfteren über besondere Grabmale auf unserem Hauptfriedhof berichtet, sie und die Personen vorgestellt, denen diese Grabmale gewidmet sind.

Heute möchten wir uns dem Grabdenkmal von Rudolf Zahn zuwenden. Es befindet sich in der nördlichsten Reihe unter Kataster-Nr. 7.4-003.

Der große Granitfindling (1,5 m Höhe, 1 m Breite) wurde im vergangenen Jahr restauriert und dabei die unleserlich gewordene Inschrift mit Hilfe des Volksbundes Kriegsgräberfürsorge und Angehörigen der Familie Zahn ergänzt.

Der Text der Inschrift:
RUDOLF ZAHN
HAUPTM. U. KOMPANIECHEF
KOMP. THÜR. INF. REGI. 71
EB. 5. DEC. 1878 GEF. 11. SEPT. 1914
BEI SZIDLACK

weist auf den Tod von Rudolf Zahn bereits zu Beginn des 1. Weltkrieges hin. Sein Tod jährt sich in wenigen Tagen am 11. September und gibt weiteren Anlass zu diesem Beitrag.

WILHELM OTTO RUDOLF CLAUS ZAHN

wurde am 5. Dezember 1878 in Ebeleben in der Familie des evangel. Pfarrers Arnold Zahn und seiner Frau Anna geb. Riemann geboren. Zum umfangreichen Geschlecht der Zahns siehe Weiteres unten.

Nach Schulbesuch wurde Rudolf Zahn als Berufssoldat Angehöriger des 3. Thüringer Infanterie-Regiments Nr. 71, das in Garnisonen in Erfurt und Sondershausen stationiert war. Zahn ging seinen Weg offensichtlich in der Festung Cyriaksburg in Erfurt.

Unmittelbar nach Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde Zahns Einheit im Westen in Belgien eingesetzt, wie der Chronik zu entnehmen ist. Sie wurde anschließend an die Ostfront verlegt. Hier fiel Hauptmann Zahn bereits am 11. September 1914 bei Szidlack. Heute befindet sich der ostpreußische Ort im russischen Gebiet Kaliningrad (Königsberg) und ist auf der Landkarte an dessen südlicher Grenze südlich von Č ernjachovsk (Insterburg) unter dem Namen Belabino zu finden. Rudolf Zahn war mit Frau Else geb. Theissen verheiratet. Er hinterließ zwei Töchter, wobei die zweite Tochter erst im März 1915 nach seinem Tod geboren worden ist.

Zahns Frau wird es nicht leicht gehabt haben. Die Nachfahren sind nicht in Sondershausen zu finden, sondern weit verstreut.
Die Grabstätte soll bis zur Wende 1989/90 gegen den Lohn eines Weihnachts-West-Pakets gepflegt worden sein (Weiß jemand dazu Näheres?).
Heute finden wir auf dem Hauptfriedhof Sondershausen noch zwei weitere sehr wertvolle Grabmale aus der Familie Zahn. Sie sind Zeugen für die Pastorenära Zahn in Sondershausen zwischen 1857 und 1948.

1. Grabmal
für ARNOLD CHRISTIAN GOTTLIEB ZAHN, bestehend aus einem großen lateinischen Kreuz auf einem quaderförmigen Fundament (Nr. 8.4-005) heute am Rand einer Urnengemeinschaftsanlage
geb. 21.05.1842 in Turowo (Schl.) verst. 16.06.1928 in Erfurt
verh.  am 26.09.1873 in Groß-Mehlra mit Anna Riemann (1852-1924)
der Tochter des Oberamtmanns und Rittergutsbesitzers
Robert Riemann (1824-1896) und Schwester des Musikers
Hugo Riemann (1849-1919) und Schwester des Generals
Otto Riemann (1853-1936)
Arnold Zahn war von 1887-1908 in Sondershausen Oberhofprediger, Superintendent, seit 1894 Oberkonsistorialrat.
 
2. Grabmal (Nr. 7.2-116)
für HANS ULLRICH VOLKMAR ZAHN, ein quasi Doppelstein der von 1925 bis 1948 als Oberpfarrer in Sondershausen wirkte
geb. 19.07.1834 in Ebeleben
verst. 1958 in Sondershausen
verh. mit Frieda geb.
mit Gedenktafel für deren Tochter Ilse (1912-2014) verheiratet mit dem Dirigenten des Loh-Orchesters Erich Lippmann.
 
3. Mindestens genannt werden soll der Oberhofprediger und Oberpfarrer sowie berufen als Oberkonsistorialrat FRIEDRICH AUGUST ZAHN, dessen Grab im Rosengarten nicht mehr vorhanden ist.
geb. 1.04.1811 in Wasserthaleben
verst.1887 in Sondershausen
verh. mit Selma Diesterweg (Bonn)
im Dienst in Sondershausen ab 1857
 
Er war der Erste der Zahn-Pastoren in Sondershausen und der Onkel seines Nachfolgers Arnold Zahn.
 
 
Noch einiges zur Ergänzung:
Der Familienname Zahn/Zan (nach einem menschlichen Körperteil) ist etymologisch einer der ältesten Namen und bereits im Althochdeutschen (ab 750 u. Z.) zu finden.
 
Dementsprechend häufig und geografisch weit gestreut kommt dieser Familienname in Deutschland vor. Familienangehörige haben sich immer wieder mit der Herkunft ihrer Ahnen befasst. Sie konnten verschiedene Linien auffinden. Unzählige Berufe konnten ihren Vorgängern zugeordnet werden.
Die hier betrachteten Zahns gehören der Thüringischen Linie an. Sie bildet sich vor allem aus Vertretern kirchlicher Berufe und Lehrern. Missionarische Aufgaben führten die Zahns in die gesamte Welt.
In diversen Schriften sind ihre Stammtafeln erfasst. Sie führen ein in Griechisch beschriftetes Familienwappen.
Die wahrscheinlich aus Niedersachsen stammenden Greußener und Wasserthaleben Zahns sind dort seit 1650 bzw. 1711 ansässig gewesen.
Wir finden sie in vielen Orten des Schwarzburger Landes. Fotos der Sondershäuser Zahns (seit 1857) sind in Schautafeln in der Stadtkirche St. Trinitatis ausgestellt.

H. K.