Eine Reimform der Sage vom Frauenberg
Sondershausen ist, im Wippertal gelegen, von den Höhen der Hainleite und der Windleite umgeben. Als markantester Erhebung fällt im Westen der 411 m hohe Frauenberg ins Auge. Er befindet sich oberhalb der von Franken begründeten Siedlung Stockhausen und trägt auf seiner südlichen Flanke in halber Höhe den geschichtsträchtigen Ort Jechaburg.
Der Frauenberg wirkt wie ein großer Wächter über die Residenzstadt. Überlieferung und archäologische Ausgrabungen seit dem 19. Jh. (Irmisch) zeigen, dass der Frauenberg für unsere Vorfahren ein heiliger Ort war. Er war offensichtlich bereits weit vor der Christianisierung einer Mutter-Gottheit geweiht. Das Christentum bewahrte die keltische Tradition an diesem Ort, griff sie auf und führte sie fort. Auf dem ca. 7 ha großen Plateau wurde eine Kapelle erbaut. Im 14. Jh. tauchte dann auch die heute gebräuchliche Bezeichnung „Frauenberg“ auf. Die seit etwa 2004 erfolgten erneuten Grabungen ergaben interessante Einblicke in die Geschichte dieses Ortes seit dem 7. Jh. (Walter).
Heute sind die Kirchenbauten auf dem Frauenberg gut sichtbar für die Besucher zu erkennen, auf Tafeln, Geologie, Natur und Geschichte ausführlich erläutert.
Die Bedeutung des Frauenbergs ist auch aus den „Sagen vom Frauenberg“ und den darin vorkommenden Elementen zu erkennen. Mehr noch als die Sage von der „Gründung der Cruciskirche“ gibt die „Sage vom Frauenberg“ geschichtlichen Einblick. Ihr Inhalt lässt sich in wenigen Worten stark vereinfacht zusammenfassen.
In einem Hohlraum im Frauenberg befindet sich ein großer See, auf dem ein Schwan schwimmt, der einen goldenen Ring im Schnabel hält. Wenn er den Ring fallen lassen sollte, wird die Welt untergehen. Bei Ohl sind die Sagenelemente analysiert und sehr verständlich erläutert nachzulesen.
Es ist verständlich, dass die Sage in ihrer weitgehend mündlichen Überlieferung auch Eingang in die Literatur über unsere Heimat gefunden hat.
Im Nachstehenden bringt SHE einen Auszug aus einer bisher wenig bekannten Fassung der „Sagen vom Frauenberg“. Sie wurde vom Heimatkundler und Ahnenforscher Herrn Siegfried Koch gefunden und zur Verfügung gestellt.
Sie stammt von Johann Jacob Heinrich Friedrich Keilholz (geb. 25.11.1783 in Jechaburg, gest. 6.09.1866 in Stockhausen). Keilholz lebte als Maurermeister und Ratsmeister im damals noch selbständigen Dorf Stockhausen.
Der Frauenberg und seine Sagen
(wiedergefunden und aufgeschrieben von Siegfried Koch)
O du Schwarzburger Land, du so herrlich und schön,
Denn im Frühlingsschmuck prangen die Thäler und Höh`n,
Wenn die Lerchen hell singen, die Nachtigall schlägt,
Und die Frühlingsluft leise die Wälder bewegt.
O du Schwarzburger Land, so lieblich und traut
Auch im Frühling der Sage erglänzt du als Braut
Denn es findet das Auge, wohin es nur blickt,
Von der Sag` dich umwoben, dich sinnig geschmückt.
Wie sie wohnt auf den Bergen, im Thale sie rauscht,
Wie sie weilt in den Hainen, am Bache sie lauscht,
Wie sie wandelt um Burgen, am Felshang sie Schwebt;
Ja wie schön bist du, Land, von Sage belebt.
Ach, wie grüßt doch die Sage vom Frauenberg laut,
Der das Thal, das die Wipper durchfließt, überschaut;
Wie so treu hat als Wächter das Thal er bewacht,
Wie so treu es gehütet in stürmischer Nacht
Wie die Sage erzählt, stand in uralter Zeit
Auf den Berge ein Altar, der Jecha geweiht;
Bonifacius zog durch das Thüringer Land,
Kam zum Berge hin, wo er das Götzenbild fand.
O wie schwang er die Axt, die den Altar zerbrach;
Wie zermalmt er denselben mit wuchtigem Schlag,
Und zerschlug dann das Bild mit gewaltiger Kraft,
Mit der Kraft, die im Glauben das Leben nur schafft.
Als zerstört, zertrümmert der Altar nun lag,
Ach, es dämmert so leise, es kommt bald der Tag,
Und der Glaube der Christen, er siegt es verschwand,
Finst`re Heidenthumsnacht aus dem Thüringer Land.
Es erbauten die Christen, den Heiden zur Wehr,
Dort ein Kirchlein der Jungfrau Maria zur Ehr,
Nur der Glaube allein hat das Kirchlein gebaut,
Das als Stätte des Glaubens ins Thal dann geschaut.
Und noch heut‘ tönt‘s vom Berg in die Gauen hinein,
„O du Volk, nur der Glaube giebt Kraft dir allein,
Denn der Glaube nur ist`s der das Herze dir stählt,
Bleibe innig, du Volk, mit dem Glauben vermählt!
Doch die Blüthen der Sage, sie flechten den Kranz,
Um des Berges Hang auch, ihn umrauschet ihr Glanz,
Mit den Blüthen der Sage` hat der Berg sich geschmückt,
An die Brust sich die Blüten der Sage gedrückt.
Einst ein Schäfer die Heerd` nach dem Frauenberg trieb,
Und es grasten die Schäfchen, die er ja so lieb,
Und es blühten am Berghang die Blumen so schön,
Wie sein Auge sie holder noch niemals geseh‘n,
Und der Kuckuck rief laut aus dem grünenden Hain,
Um den Berg kreist ein Geier im Frühsonnenschein,
Aus dem Thale herauf tönte Lerchengesang;
Im dem Herzen des Schäfers es wunderbar klang.
Und er blickte hin über das Feld und den Wald; -
„O wie jung bleibst du, Welt, und ich werde nun alt,
Meine Tage verrauschen, bald scheid ich von dir;
Doch sei heute gegrüßet vieltausendmal mir.
Als er weiter will schreiten, da hält`s ihn zurück,
Und er wendet sich um – welch seliger Blick –
In einen Dornengesträuch, das so herrlich erblüht,
O welch ein Wunder! – ein grünendes Kreuzchen er sieht.
Will nicht trau‘n seinen Augen, und still bleibt er steh‘n,
In dem Herzen er fühlet ein seliges Weh‘n;
Kniet dann nieder vorm Kreuz, daß betrachtet er‘s lang,
Und er fasst es – und bricht es – zu bluten fängt‘s an.
Vom dem Wunder die Geistlichkeit hört im Land,
Und sie ordnete an, dass das Kreuz welches stand,
In dem Dornenstrauch, werde gefasst in Gold,
Denn ein Wunder es sei so gar lieblich und hold,
Eine Kirche man baute, dem Kreuze geweiht,
War St. Crucis geheißen, noch steht sie heut,
Sondershausen, du schließest die Kreuzeskirch` ein,
Die erglänzt in der Sage als Edelgestein.
O du grünendes Kreuz, du der Hoffnung Symbol,
Deine Sprache, wie tuth sie dem Herzen so wohl,
Laß doch grünen, so mahnst du, in Hoffnung dein Herz,
Laß doch grünen, du Christ, es in Freud und Schmerz.
O wie funkelt das Kreuz, und wie strahlet‘s so rein,
O wie leuchtet‘s, wie flammt‘s in die Gauen hinein,
„O du Volk, laß das Kreuz deinen Schmuck sein und Stolz,
Blick in die Hoffnung auf ihn, der geblutet am Holz.
Auch im Inneren des Berges, da rauschet‘s so hell,
Ach da rieselt der Sage lebendiger Quell,
Und dem Herzen des Berges, so klar wie das Gold,
Ihm entströmet der Sage Quell sinnig und hold,
In dem Berge tief unten ein lichtgrüner Schein,
Seine Ufer so prächtig, so weiß wie der Schnee,
Seine Wasser so spiegelnd, so klar wie der Wein,
Ach so strahlend, so glühend wie Edelgestein.
Auch ein Bogen sie spannt, wie der Himmel so blau,
Uebers Wasser sich hin, dieser lachenden Au,
An dem Bogen erglänzen die Sternlein so mild,
Und im See sich dann spiegelt ihr friedliches Bild.
Uebers Wasser hin ziehet in kreisender Bahn,
Schon von Ewigkeit her ein schneeweißer Schwan,
Sein Gefieder erglänzend wie Silber so weiß,
Seine Schwingen erhebend zum Fluge so leis,
Fest in den Schnabel ein goldenes Ringlein er hält,
Das der Herrgott ihm gab, als er schuf einst die Welt,
„So bewahre die Gabe“, der Herr ihm gebot,
„Läßt du fallen das Ringlein, bricht an dann die Noth.
„Wenn das Kleinod, das theure, den Schnabel entfällt,
Dann wird stürzen der Berg und mit ihm die Welt,
Drum Bewahre den Schatz du, bewahre ihn fein,
Laß das Ringlein, dein Ein und dein Alles nur sein.
So ein Ringlein, ein goldenes, der Mensch auch bewahret,
Tief im Herzen die Liebe, so edel und zart,
Ob verborgen im Herzen die Liebe auch blüht,
Doch am reichsten das Herz, das die Liebe erglüht,
Theures Ringlein, du goldenes, es leuchtet der Strahl.
Aus dem Berge so feurig hernieder ins Thal;
„O du Volk, so bewahre die Liebe doch rein,
Laß die Liebe im Herzen die Königin sein!
O du Glaube so stark, o du Hoffnung so groß,
O du Liebe so innig, möge herrlich erblüh‘n,
Möget strahlen in goldener Sage Gewand,
Ihr als Dreigestirn hoch übern Schwarzburger Land.
F. Keilholz
Johann Jacob Heinrich Friedrich Keilholz
Geb. am 25.11.1783 in Jechaburg, Gest. am 06.09.1866 in Stockhausen
Einwohner in Stockhausen, Maurer Mstr., Ratsmeister. in Stockhausen
Weiterführende Literatur (Auswahl)
[1] Irmisch, Th. Beiträge zur schwarzburgischen Heimatkunde, Sondershausen, 1905/1906
[2] Zschiesche, P. Die vorgeschichtlichen Burgen und Wälle in Thüringen, Halle / S., 1892
[3] Ohl, M. Zur Geschichte Jechaburgs, Sondershäuser Beiträge - Püsterich, H.11 (2010) S. 19, Sondershausen, 2010
[4] Walter, D. Entdeckungen um den Frauenberg, Sondershausen, 2010
[5] Keilholz, F. Der Frauenberg und seine Sagen (vergl. S. Koch, Sondershausen 2018)
[6] Sasse, B. Die Sage vom Frauenberg, Ein Gedicht, Sondershausen, 1910