Der Possenturm
In diesem Jahr sind es genau 240 Jahre, dass Fürst Christian Günther von Schwarzburg-Sondershausen (reg.1758-1794) den Turm in nur 11monatiger Bauzeit vom 5. Januar bis 8. Dezember, unweit des Jagdschlosses ,,Zum Possen“ errichten ließ. Christian Günther war ein außergewöhnlich baufreudiger Fürst, der auch am unmittelbaren Baugeschehen regen Anteil nahm und angeblich selbst plante und entwarf. Er ließ den Turm erbauen, um den Vergnügen jener Zeit etwas Absonderliches zu bieten. Ein achteckiger, achtgeschossiger fast 50 Meter hoher Aussichtsturm, der bei weniger gutem Wetter die Hofgesellschaft aus den Fenstern der geschlossenen Turmlaterne, bei ruhigem Wetter von der offenen Plattform aus die herrliche Aussicht genießen ließ.
Der Turm hat eine wechselvolle Geschichte in 240 Jahren erlebt, und einiges soll hier erzählt werden.
Nach der Abdankung des letzten Schwarzburger Fürsten übernahm das 1920 neu gegründete Land Thüringen den Possen.
1921 wurde der Turm für Besucher gesperrt, da der Turm baufällig geworden war.
Im gleichen Jahr, am 21. November, gründete sich der Verein ,,Die Possengemeinde“. Die Mitglieder dieses Vereins hatten sich es zur Pflicht gemacht, den Possen als Schwarzburger Erinnerungsstätte in seiner ursprünglichen Form zu erhalten. Als erstes nahmen sie 1922 Verbindung mit der Thüringer Landesregierung auf und baten um die Renovierung des Possenturms.
Die Landesregierung stimmte zu, und für den Turm wurden 31.000 Mark zu Verfügung gestellt. Die sofortige Ausführung der Arbeiten wurde, da Gefahr im Verzuge war, veranlasst.
Die Abrechnung der Baukosten belief sich auf eine Summe von 58.994,66 Mark, da sich während der Ausführung weitere notwendige Bauarbeiten herausgestellt hatten. Von nun an beaufsichtigte ,,Die Possengemeinde“ den Turm. Die zahlreichen Aktivitäten der Mitglieder, welche alle vier Wochen zur Zeit des Vollmondes ihre Sippungen durchführten, kann man in der damaligen Zeitung ,,Der Deutsche“ bis in das Jahr 1938 verfolgen.
Am Pfingstmontag, dem 9. Juni 1924 kam es nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr zu einem Feuer im Possenturm. Durch umsichtiges Handeln von Besuchern wurde der Brand schnell gelöscht. Ein Junge aus Berlin hatte Papierschnitzel in einer Fensternische entzündet, und das Feuer war auf das Fenster übergesprungen. Der Schadensbericht vom Bauamt Sondershausen lautete: Verbrannt ein Stück Fensterbrett, sowie die Fensterverkleidung und die Fensterscheibe. Die Instandsetzung belief sich auf 3,80 Mk.
Ab dem 26.8.1939 wurde der Possenturm zum Zwecke der Landesverteidigung von der faschistischen Wehrmacht beschlagnahmt. Genutzt wurde er als Beobachtungsturm für die Flugabwehr. Der damalige Wirt der Possengaststätte Alfred Loeper erhob Einspruch gegen diese Beschlagnahme. Diese wurde abgelehnt mit der Bemerkung ,,Kriegsmaßnahme“.
1942 wurde die ursprüngliche offene Aussichtsplattform überdacht und in der achten Etage ein Wachzimmer eingerichtet.
Nach dem 2. Weltkrieg diente der Possenturm wieder als Aussichtsturm und wurde vom Rat des Kreises Sondershausen verwaltet. Im Jahr 1951 wurde er zum zweiten Male wegen Baufälligkeit gesperrt. Der Turm war durch den jahrelangen Windangriff in eine Schieflage gedrängt worden.
An der Türseite hing er 25 cm über der Schwelle. Diesmal dauerte es 15 Jahre bis zu seiner Wiederherstellung. Im Frühjahr 1966 setzte man ein Stahlgerüst um den Turm herum, wechselte schadhafte Hölzer und renovierte das Fachwerk.
Pfingsten 1966 wurden der Aussichtsturm und das Jagdschloss sowie das gesamte Gelände des Possens der Bevölkerung als Naherholungszentrum übergeben.
Wieder gingen viele Jahre ins Land, und tausende Besucher bestiegen den Turm und genossen den herrlichen Rundblick vom Turm.
Kurz nach der politischen Wende, der Turm wurde jetzt von der Stadt Sondershausen verwaltet, wurde der Turm im Jahr 2000 zum dritten Male wegen Baufälligkeit gesperrt.
Damals setzte sich der Heimat- und Geschichtsverein ,,Otto Fleischhauer“ Oberspier für seine Erhaltung ein und unterstützte die Stadt Sondershausen bei der Renovierung des Turmes. Eine Spendenaktion wurde ins Leben gerufen und viel Werbung für den Erhalt des Turmes betrieben. Im September 2002 wurde mit der Renovierung begonnen.
Ein Gerüst wurde aufgestellt, und es wurde mit der Sanierung der Dachhaube sowie der Erneuerung der Aussichtsplattform begonnen. Danach erfolgte die Schiefereindeckung der Kuppel. Stockwerk für Stockwerk wurde das Fachwerk von oben nach unten saniert. Verschiedene Balken und Ausmauerungen mussten erneuert werden. Dazu wurde Altholz von Schlössern aus Frankreich verwendet.
Der Turm erhielt außen an fünf Seiten eine Wetterschutzschale aus Lärchenholz.
Das verbleibende sichtbare Fachwerk wurde nach historischem Vorbild farblich behandelt, alle vierzig Fenster und die Eingangstür entsprechend dem Denkmalschutz erneuert. Die Treppenanlage mit ihren über zweihundert Stufen sowie die Dielung wurden repariert, ein neuer Farbanstrich und eine Beleuchtung angebracht. Die damaligen Gesamtkosten beliefen sich auf 613.000 Euro.
Kurz vor der Eröffnung der Thüringer Landesausstellung ,,Thüringer Residenzen neu entdeckt“ im Mai 2004 in Sondershausen, wurde der frisch sanierte Possenturm wiedereröffnet.
Quellen:
Thüringer Hauptstaatsarchiv Weimar
Akte: Ministerium für Finanzen SDH Aktennr. 2929 Verschiedene Ausgaben: ,,Das Volk“, Thüringer Zeitung und ,,Der Deutsche“, Zeitung für Thüringen und den Harz
Foto: Hanna Nagel