Musikinstrument Glocke
Dem Klang von Glocken wohnt etwas Würdevolles und Majestätisches inne. Die Glocke ist als Musikinstrument zu bezeichnen. Die einzelne Glocke lässt ein Tonspektrum wahrnehmen. Mehrere Glocken, ein Geläut, insbesondere Kathedralgeläute wie sie sich beispielsweise in Erfurt, Dresden, Halberstadt befinden, lassen in ihrer Einmaligkeit das Hören, einem Genuss gleich, zum Erlebnis werden.
Der Glockenklang setzt sich zusammen aus dem kurzen kräftigen Schlagton, auch Nominal genannt, der durch das Anschlagen des Klöppels hervorgebracht wird und einer ganzen Reihe von leisen Begleittönen von längerer Nachhalldauer. Haupt- und Nebentöne sollen sich harmonisch vereinigen. Dies wird vor allem durch die Form des Glockenkörpers und dem Querschnitt der Wandung, der sog. Rippe bestimmt. Die heute gebräuchliche Glockenform ist in der Gotik im 13. Jh. entstanden, dieser Querschnitt der Glockenwandung wird deshalb auch als „gotische Rippe“ bezeichnet. Die Ausbildung der Rippe ist für den jeweiligen Glockengießer typisch, damit auch der Klang seiner Glocken.
Von Bedeutung ist auch das Material. Wohlklingende Glocken bestehen aus Glockenbronze mit Anteilen von 78 % Kupfer und 22 % Zinn. Die zu Beginn der Entwicklung aus Eisenmaterialien und in und nach Kriegs- und Notzeiten hergestellten Eisenhartguss- und Stahlglocken haben eine geringere klangliche Qualität. Sie klingen im Vergleich zu Bronzeglocken eher dumpf und blechern. Sie verfügen nur über kurze Nachhallzeiten. Ihre Nutzungsdauer ist wegen der Korrosionsanfälligkeit (es bildet sich auch im Inneren des Glockenkörpers Rost aus) nur eine auf wenige Jahrzehnte begrenzte Lebensdauer.
Durch den Klöppelanschlag wird die Glocke in Schwingungen versetzt und erzeugt in ihren unterschiedlichen Bereichen mehrere Teiltöne im Prinzipalbereich (Prime, Quinte, Mollterz, Unter- und Obertonbereich) sowie in der Mixtur. Die Summe aller Teiltöne wird vom Gehör als Schlagton wahrgenommen. Die Tonbestimmung ist sehr schwierig. Der Glockenbauer bedient sich dazu auch Stimmgabeln.
Die sog. Prime verstärkt den Schlagton, ihre Tonhöhe sollte nahe beim Schlagton liegen. Die Unteroktave gibt als Verstärkung der Glocke die Fülle und hat den längsten Nachhall (Lauttöner). Sehr wichtig und von geübten Musikern beim Läuten gut zu hören, ist die Mollterz.
Jede Glocke ist eine einzigartige, einmalige Ausführung und wird akustisch als solches wahrgenommen.
Das Geläut wird durch die Zusammenstellung von zwei und mehr Glocken gebildet. Sie werden mit bestimmten Tonabständen als melodische (z. B. c-d-e) und harmonische (c-es-g) Dispositionen zusammengestellt.
Geläute aus mehreren Glocken bieten neben dem Läuten einzelner Glocken mit bestimmten Aufgaben und Anliegen (Tageszeitglocken, Abendmahlsglocke, Totenglocke) mehrere Möglichkeiten für vielseitige, variable Kombinationen, die auch bestimmte Stimmungen hervorrufen können und sollen. Hier bietet sich auch der Vergleich mit einem Orchester an.
Nicht unproblematisch ist der Einbau neuer Glocken in ein bereits vorhandenes Geläut. Erst nach dem Erkalten und der Entnahme der neuen Glocke aus der gemauerten Form kann mittels Prüfung durch den Glockensachverständigen der Erfolg des Gusses beurteilt werden. Ein endgültiges Ergebnis zum Gelingen liefert dann die zweite Prüfung beim Läuten der Glocken im Turm, da sich hier die Wirkung weiterer Faktoren wie ihre Aufhängung, die Ausbildung des Klöppels und sein Anschlag sowie die Schallausbildung in der Glockenstube sowie die Abstrahlung vom Turm auswirken. Mit dem Abschluss des Vorhabens wird das Geläut unserer Stadtkirche wieder vier Glocken besitzen. Auf dieses Klangerlebnis sind wir alle sehr freudig gespannt.
H. K.