Internationale Goethe-Gesellschaft in Weimar Ortsvereinigung Sondershausen - Die unbekannten Verwandten

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Goethes Vorfahren und Verwandte in der Kyffhäuserregion

In der Bevölkerung ist es weitgehend unbekannt, dass sich die Wurzeln des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe väterlicherseits hier bei uns in der Kyffhäuserregion befinden.
Frau Dr. Barbara Heuchel und Frau Edith Baars sind diesem spannenden Thema nachgegangen und haben eine Fülle von Informationen aufbereitet. Dazu gab es dann im August dieses Jahres im Carl-Schroeder-Saal Sondershausen einen Vortrag bei der Ortsvereinigung Sondershausen der Goethe-Gesellschaft, der auf ein großes Interesse stieß.
Die Wiederholung des Vortrages ist aufgrund der derzeitigen Situation kurzfristig nicht möglich. Deshalb möchten wir Ihnen in einer Fortsetzungsreihe die gewonnenen Daten in kurzer Form vorstellen. Die erste Folge befasst sich mit dem Leben und Wirken von Goethes Großvater Friedrich Georg Göthe aus Kannawurf.

1657 - Geburt und Taufe in Kannawurf
Am 6. September 1657 findet sich die Eintragung der Taufe Friedrich Georg Göthes im Kirchenbuch der Gemeinde Kannawurf (jetzt Landkreis Sömmerda in Thüringen).
Sein Vater Hans Christian Göthe stammt aus Berka bei Sondershausen, wo er das Schmiedehandwerk erlernte. Seine Mutter ist Sybilla Werner, Tochter des Infimus (Unterlehrers) Werner aus Artern.

1659 - Übersiedlung der Familie nach Artern – Schule – Lehrzeit
Friedrich Georgs Vater Hans Christian Göthe wird Hufschmied in der Stadt Artern, die zur Grafschaft Mansfeld gehört. Er ist Viermann im Stadtrat und ein angesehener Bürger. Das Gebäude seiner Hufschmiede in der Harzstraße 10 ist heute noch vorhanden.
Friedrich Georg hat fünf weitere Geschwister, vier Brüder und eine Schwester.

1664-1669 besucht er die Lateinschule in Artern und lernt Schreiben, Rechnen, Grammatik, später auch Religion, Latein, Musik und Gesang, vielleicht auch ein Musikinstrument. 1672-1674 geht Friedrich Georg in Artern zu einem Schneider in die Lehre, zu welchem Handwerk er „eine besondere inclination und Lusten verspüret“.

1674 - Auf der Walz
1674-1678 ist Friedrich Georg als fahrender Schneidergeselle zunächst in seiner unmittelbaren Heimat unterwegs und dann in Ost- und Norddeutschland, auch in Schlesien, Böhmen und Mähren.
1678-1681 findet man ihn im „Reich“, in den damaligen Metropolen und Reichsstädten. Von der freien Reichsstadt Frankfurt führt ihn sein Weg nach Straßburg und weiter nach Lyon in Frankreich.

1681-1685 - Geselle in der Seidenstadt Lyon
Lyon ist im 17.Jahrhundert das europäische Zentrum der Seidenherstellung und Weiterverarbeitung. Friedrich Georg Göthes Aufenthalt in Lyon ist nicht belegt, wird aber in seinem „Lebens-Lauff“ ausdrücklich erwähnt. Er arbeitet mit vielen anderen in den großen Manufakturen und Seidenschneidereien der Stadt.
Im Jahre 1685 werden durch das Edikt von Fontainebleau alle Protestanten, Reformierte und Hugenotten aus Frankreich vertrieben. Auch Friedrich Georg muss Lyon verlassen und kehrt nach Artern zurück, aber ein großer Stadtbrand hat die Stadt 1683 verwüstet, so dass er Abschied von den Eltern nimmt und 1686 nach Frankfurt am Main aufbricht.

1686 - Schneidermeister und Gasthalter Friedrich Georg Göthé in Frankfurt
In Frankfurt angekommen, erwirbt Friedrich Georg Ende 1686 in der Frankfurter Schneiderzunft den Meistertitel und wird 1687 Frankfurter Bürger.
Er heiratet Anna Elisabeth Lutz, die Tochter des Schneidermeisters Daniel Lutz aus Holzthaleben und schreibt seinen Namen fortan französisch: „Göthé“
Friedrich Georg Göthé wird mit seiner Kunst ein gefragter Schneider bis zur höchsten Steuerklasse, der damalige „Karl Lagerfeld“ von Frankfurt, er schneidert auch für den Adel vom Darmstädter Hof.
Im Jahre 1700 stirbt seine Frau Anna Elisabeth. Als Witwer mit vier Söhnen, davon einer geistig behindert und einer noch ein Säugling, führt er seinen Beruf weiter und geht erst 1705 eine zweite Ehe ein mit Cornelia Walter, verwitwete Schellhorn, die einen Gasthof mit in die Ehe bringt. Er wird nun Gasthalter vom „Weidenhof“ - dem viertbesten Haus an der Zeil in Frankfurt. Außerdem baut Friedrich Georg eine gut florierende Weinhandlung auf.
Der einzig überlebende Sohn seiner zweiten Ehe, Johann Kaspar Göthe, wird 1710 geboren. Johann Kaspar besucht hochdotierte Schulen in Coburg und Gießen und wird Doktor der Rechte und kaiserlicher Rat.

1730 - Tod und Begräbnis in Frankfurt
Friedrich Georg Göthé stirbt am 10. Februar 1730 und hinterlässt ein reiches Erbe. 16 Säcke Geld im Wert von rund 19 000 Gulden, Häuser und Grundbesitz, ein wertvoller Weinkeller und allerlei kostbare „fahrende Habe“ werden im Testament an seine Witwe und die Kinder verteilt, er bedenkt auch seine Verwandten in der Heimat.
Sein Sohn Johann Kaspar ändert den Familiennamen in die latinisierte Form „Goethe“ und heiratet 1748 Catharina Elisabeth Textor, die Tochter des Frankfurter Schultheißen. Der erstgeborene Sohn aus dieser Ehe ist unser späterer Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe.

Quellen:

  • Friedrich Schmidt: Goethe und seine Ahnen in der Kyffhäuserlandschaft; Sangerhausen 1927
  • Dr. L. Holthoff: Zur Genealogie der Familie Goethe; Frankfurt / M. 1885
  • Heiner Boehncke, Hans Sarkowicz und Joachim Seng: Monsieur Göthé. Goethes unbekannter Großvater; 2017

Edith Baars
Straße der Jugend 9, 99706 Sondershausen Tel.: 03632 – 782022, edithbaars@arcor.de

wird fortgesetzt…

 

INFORMATION!

Für den 18.11.2020, 18:00 Uhr, war von der Ortsvereinigung Sondershausen der Goethe-Gesellschaft im Carl-Schroeder-Saal ein Vortrag zum Thema „Goethes unbekannte Verwandte“ mit Edith Baars und Barbara Heuchel geplant. Diese Veranstaltung musste Corona-bedingt leider ausfallen. Wir bemühen uns, einen neuen Termin, möglicherweise im nächsten Jahr, zu planen. Aber nicht nur 2020, auch 2021 ist alles anders!
Aus diesem Grunde haben wir beschlossen, in den Monaten Dezember 2020 sowie Januar und Februar 2021 die Entwicklung der Corona-Pandemie abzuwarten und deshalb keine weiteren Veranstaltungen der Goethe-Gesellschaft geplant. Ab März 2021 werden wir Ihnen ein verkürztes, aber interessantes Programm zunächst für das erste halbe Jahr anbieten. Wir werden Sie über weitere Vorträge rechtzeitig informieren.
Im Zusammenhang mit dem Vortrag zu "Goethes unbekannten Verwandten" und der Veröffentlichung im "Heimatecho" ist eine Broschüre entstanden, die in der Sondershausen-Information zum Preis von 3,50 € (als Spende für die Ortsvereinigung der Goethe-Gesellschaft) erhältlich ist.