Internationale Goethe-Gesellschaft in Weimar Ortsvereinigung Sondershausen - Die unbekannten Verwandten (4)

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Die unbekannten Verwandten (4)

Dr. Barbara Heuchel

Doch wo haben die anderen Göthes in Berka gewohnt? Gibt es mehrere „Göthe-Häuser“ in Berka? Im Stadtarchiv Sondershausen kann man nur wenig finden, da Berka erst seit 1997 als Ortsteil zu Sondershausen gehört, und im Kreisarchiv des Kyffhäuserkreises sind keine Unterlagen von Berka archiviert.
Es existieren einige wenige Adressbücher der Stadt Sondershausen aus verschiedenen Jahren, in denen meist nur die Einwohner des eigentlichen Stadtgebietes von Sondershausen verzeichnet sind und nur in einigen auch die heutigen Ortsteile bzw. die Orte des Kreises Sondershausen. [14, 17, 18]

Abbildung Titelblatt des Adressbuches von 1882 [14] und Eintrag von Kammermusikus Heinrich Göthe

Im Jahr 1882 zum Beispiel findet man in Sondershausen den Kammermusikus Heinrich Ferdinand Göthe, wohnhaft in Sondershausen in der Jechastraße 27. Er ist 1817 in Berka geboren, heiratete 1844 in Sondershausen Friederike Kühn und starb 1883 in Sondershausen. Sie hatten fünf Kinder, die alle in Sondershausen zur Welt kamen und die es dann in alle Himmelsrichtungen verschlug. Wegen seiner roten Haare wurde der Kammermusikus und Bläser („Hautboist“) Heinrich Ferdinand Göthe wohl „der Fuchs“ genannt.

Der Trompeter Göthe
Über den Kammermusikus Heinrich Ferdinand Göthe gibt es eine nette Anekdote über den „Trompeter Göthe“, aufgeschrieben von Otto Anthes, aus der Zeitung „Das Volk“ vom 14.02.1949 [15].
Ich weiß nicht, wie der augenblickliche Stand der Forschung ist, die Herkunft des großen Dichters betreffend, aber so viel ist sicher, dass noch bis vor kurzem im Dorf Berka an der Wipper im ehemaligen Fürstentum Sondershausen ein Bauerngeschlecht des Namens Göthe sesshaft war, dessen Mitglieder in der Form des Kopfes und im Schnitt des Gesichts eine auffallende Ähnlichkeit mit dem weimarischen Großen aufwiesen. Aus dieser Bauernsippe stammte der Trompeter Göthe, der in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in der fürstlichen Hofkapelle zu Sondershausen angestellt war. Dieser Trompeter Göthe war nun allerdings rothaarig, weshalb er von den Kollegen „der Fuchs“ genannt wurde. In höherem Alter, als die Haare weiß geworden waren, soll er sich sehr ernst und würdevoll gehalten und dann auch im Aussehen seinem berühmten Namensvetter merkwürdig geglichen haben. In jüngeren Jahren zeigte er eine gewisse Fähigkeit zu genialen Streichen, was die Verwandtschaft wiederum wahrscheinlich macht.

Einmal hatte er die Probe zum Sinfoniekonzert verschlafen und vergessen. Die Proben fanden im Lohsaal statt, und es gab keine, der der Fürst, ein großer Musikliebhaber, nicht persönlich beiwohnte. Als der Kapellmeister ihm meldete, dass der Trompeter Göthe, der im zweiten Satz der Sinfonie ein Solo zu blasen hatte, nicht anwesend sei, schickte der Fürst alsbald zwei von seinen Gardisten ab, den Säumigen zu holen und nächstdem in den Arrest abzuführen, denn er hielt in seiner Kapelle eine strenge Zucht. Trompeter Göthe war gerade aufgestanden und lag faul zu seinem Fenster hinaus, als er die beiden Bärenmützen kommen sah. Ein Blitz erhellte seine dämmrige Seele, und er wusste im Nu, was er verbrochen hatte. Sein Instrument greifen und durch ein Fenster auf der Rückseite des Hauses in den Garten springen, war eins. Von da lief er auf geheimen Umwegen zum Lohsaal und betrat ihn in dem Augenblick, als der Kapellmeister schon den Stab sinken lassen wollte, weil es des fehlenden Trompeters wegen nicht weitergehen konnte. An der Tür stehend, setzte Göthe ein und blies sein Solo so vortrefflich, dass der Fürst, milder gestimmt, am Schluss der Sinfonie zu ihm sagte: „Du weißt, mein lieber Göthe, dass mir nichts verhasster ist als Unpünktlichkeit. Aber weil du so geistesgegenwärtig gewesen bist und außerdem gut geblasen hast, soll dir die Strafe erlassen sein. - Wo übrigens, fuhr er dann fort, sind die beiden Gardisten geblieben, die ich nach dir ausgeschickt hatte?“
„Oh“, erwiderte Göthe, “die suchen mich wohl noch. - Zwei Bären fangen immer noch keinen Fuchs, Durchlaucht.“

Womit er beinahe wieder alles verdorben hätte. Denn der Fürst konnte es nicht vertragen, dass ein anderer in seiner Gegenwart einen guten Witz machte, weil er dieses Vorrecht für sich in Anspruch nahm. Es fiel ihm aber glücklicherweise auch noch etwas Gutes ein. Er rollte eine Weile die Augen und sagte dann: „Mein Vetter Karl August in Weimar hat sich s e i n e n Goethe wohl ein bisschen über den Kopf wachsen lassen. Aber du kannst dich darauf verlassen, ich schicke meinen fort, wenn er sich allzu mausig macht.“
Und als er sah, wie nicht nur sein Hofmarschall, sondern auch der Kapellmeister und sämtliche Musiker über seine Bemerkung verstohlen lächelten, da verließ er versöhnt die Probe. Trompeter Göthe aber war zufrieden, so glimpflich davongekommen zu sein und blies am nächsten Sonntag im Loh sein Solo strahlender als je, so dass die Sondershäuser sagten: „Dieser Göthe hat den Teufel im Leibe. Wenn sie den bloß nicht nach Weimar oder sonst wohin wegholen.“

HINWEIS:
Im Zusammenhang mit diesem Artikel und einem Vortrag ist eine etwas ausführlichere Broschüre entstanden, die in der Tourist-Information von Sondershausen erworben werden kann.